Berichte zur Veranstaltung am 27.1.2023 in Gießen
Es war eine gemeinsame Veranstaltung der Arbeitsstelle Holocaustliteratur der JLU Gießen, der Chambré-Stiftung, des Evangelischen Dekanats Gießen, der Lagergemeinschaft Auschwitz – Freundeskreis der Auschwitzer e.V. und der Volkshochschule Gießen anlässlich des Holocaust-Gedenktages (Jahrestag der Befreiung von Auschwitz-Birkenau) 2023.
In Zeiten, in denen der russische Präsident Wladimir Putin mit Begriffen wie ,,Völkermord” und ,,Entnazifizierung” seinen Angriffskrieg in der Ukraine zu rechtfertigen versucht, den ukrainischen Präsidenten Zelensky, der jüdischer Abstammung ist, als „Sonderkommando“ bezeichnet und damit als willfährigen Vollziehungsgehilfen des NS-Holocaust verunglimpft und der so die Geschichte des Holocaust als Kriegsvorwand missbraucht, erhalten Bücher wie Filip Müllers Augenzeugenbericht „Sonderbehandlung“ eine neue und traurige Bedeutung. Filip Müller (1922-2013) überlebte die KZ-Haft und den Zwangsdienst im „Sonderkommando“ Auschwitz-Birkenau mehr als drei Jahre lang. 1979/80 veröffentlichte er auf deutsch seinen Bericht „Sonderbehandlung“. Zu seinem 100. Geburtstag hat seine Familie nach langem Zögern eine kommentierte Neuausgabe mit einem gemeinsamen Vorwort des Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, und des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sowie einem Nachwort von Andreas Kilian ermöglicht. Das Buch ist bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft in Darmstadt erschienen.
Hier finden Sie den Bericht der Gießener Allgemeinen zur Veranstaltung sowie hier den Bericht des Gießener Anzeigers.
Präsentation Gedenkstättenfahrt
Berichte von unserer Studienfahrt 14. – 20.9.2022
Berichte und Fotos von Gerhard Merz:
5. Tag der Studienfahrt der Lagergemeinschaft Auschwitz-Freundeskreis der Auschwitzer: Wiedersehen mit Monica Goldwasser aus Krakau, die als Baby von ihren vor der Deportation in den Tod stehenden Eltern in fremde Hände gerettet wurde und über eine Station in einem Ursulininnen-Kloster zu katholischen Pflegeeltern gelangte. Erst kurz vor dem Tod ihrer geliebten und sie liebenden Pflegemutter erfuhr sie von ihrer jüdischen Abstammung und machte sich auf die Suche nach ihren Eltern, u.a. unterstützt von einer wiedergefundenen Tante. Ihre katholischen Eltern wurden posthum auf ihren Vorschlag von Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet. Ihr selbst wurde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Bundesverdienstkreuz verliehen.
In den Gaskammern dauerte es bis zu 20 Minuten und es war ein qualvoller Tod. Manchmal möchte man nur weinen.
4. Tag der Studienfahrt der Lagergemeinschaft Auschwitz-Freundeskreis der Auschwitzer: Einige wenige Impressionen vom Besuch der Kunstausstellung im Staatlichen Museum Auschwitz Memorial / Muzeum Auschwitz (hier Bilder, die „nach Auschwitz“ entstanden), von einem Rundgang durch die Stadt Oswiecim und schließlich vom Jüdischen Friedhof.
Die Teilnehmer*innen dankten Frau Wlodarczyk mit langem Applaus für mehr als zwei intensive Stunden.
Wir trauern um Zofia Posmysz
Wir werden ihr ein ehrendes Andenken bewahren.
Online-Buchvorstellung „Sonderbehandlung“ am 7.3.2022
Ein beklemmendes, „schreckliches, aber schrecklich notwendiges Buch“ (Sascha Feuchert) über die „Sonderkommandos“, die in Auschwitz die grauenhafte Arbeit in den Gaskammern und Krematorien verrichten mussten. Mit Andreas Kilian, Autor des überaus einfühlsamen und kenntnisreichen Nachwortes. Kilian darf als einer der wenigen Kenner der Geschichte der „Sonderkommandos“ gelten, er kannte den Autor und Auschwitz-Überlebenden Filip Müller sehr gut persönlich. Andreas Kilian ist auch Mitglied im Vorstand der LGA. Mit dabei als Mitveranstalter und Gesprächspartner Prof. Dr. Sascha Feuchert, Leiter der Arbeitsstelle Holocaust-Literatur an der JLU Gießen, auch er ein profunder Kenner der Geschichte des Holocaust und vor allem der Erinnerungs- und Gedenkliteratur. Beide hoben den inhaltlich wie literarisch einzigartigen Charakter von Müllers Berichts hervor. Die Gießener Schauspielerin Irina Ries trug in beeindruckender Weise zwei Passagen aus dem Buch vor und Teresa Löwe, Lektorin bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt, erklärte die Bedeutung der Erinnerungsliteratur für den Verlag und sein Programm. Über 50 Personen verfolgten die Veranstaltung, die per Livestream aus der Universität übertragen wurde.

Andreas Kilian und Dr. Sascha Feuchert
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Worum geht es?
Filip Müller (1922 – 2013) durchlitt den Massenmord an den europäischen Juden wie kaum ein anderer. Wer KZ und Zwangsdienst im Sonderkommando Auschwitz-Birkenau mehr als drei Jahre er- und überlebt hat, der gehört zu den wichtigsten Zeugen des Grauens des Holocaust – und ist für sein Leben gezeichnet.
1979/80 veröffentlichte er auf deutsch seinen Zeugen-Bericht „Sonderbehandlung“. Zu seinem 100. Geburtstag 2022 macht seine Familie eine kommentierte Neuausgabe mit einem gemeinsamen Vorwort von Felix Klein und Josef Schuster und einem Nachwort von Andreas Kilian möglich.
Es diskutierten:
Andreas Kilian (Historiker, „Sonderkommando“-Experte und Autor des Nachworts)
Prof. Dr. Sascha Feuchert (Arbeitsstelle Holocaustliteratur an der JLU Gießen)
Es las:
Irina Ries (Freie Schauspielerin und Sängerin, Gießen)
Moderation:
Gerhard Merz (Vorsitzender Lagergemeinschaft Auschwitz – Freundeskreis der Auschwitzer e.V.)
Grußwort:
Teresa Löwe (Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt)
Wir schließen uns der Erklärung des Internationalen Auschwitz Komitees zur Invasion in der Ukraine an
Immer wieder zieht der russische Präsident Wladimir Putin bei der Begründung seines Überfalls auf die Ukraine die Begriffe „Völkermord“ und „Entnazifizierung“ heran. In diesem Zusammenhang betonte in Berlin das Internationale Auschwitz Komitee:
„Weltweit verfolgen Überlebende des Holocaust und ehemalige Häftlinge der deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager die Nachrichten zum Putinschen Überfall auf die Ukraine mit Entsetzen und großem Schmerz. Nie hätten sie gedacht, dass nach den Erfahrungen von Auschwitz und den Leiden des 2. Weltkrieges ein russischer Staatsmann Europa in die Finsternis eines Krieges zurücktreiben würde. Das Leid, das Putin und seine Helfershelfer über die Menschen in der Ukraine aber auch über russische Familien bringt, ist für sie kaum zu begreifen. Mit besonderer Empörung stellen die Überlebenden des Holocaust fest, dass Wladimir Putin zur Begründung seines Krieges immer wieder die Begriffe „Völkermord“ und „Entnazifizierung“ heranzieht. Sie empfinden dies als eine zynische und tückische Lüge, die nicht nur die Überlebenden des Holocaust sondern auch all die Menschen mißbraucht, die als sowjetische Kriegsgefangene in deutschen Konzentrationslagern gelitten oder als Soldaten der Roten Armee Auschwitz und andere Lager befreit haben.“
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Aufzeichnung unserer Online-Veranstaltung „Argument Biographie“
Erklärung zum Holocaust-Gedenktag 2022
Erklärung zum Holocaust-Gedenktag vom 27.1.2022 der Lagergemeinschaft Auschwitz – Freundeskreis der Auschwitzer e.V. in der beigefügten Datei.
Aktion des Vereins LAGG: „1616 KZ-Häftlinge“
Seit seiner Gründung 1992 hat sich der Verein LAGG (Leben und Arbeiten in Gallus und Griesheim) zum Ziel gesetzt, das Konzentrationslager „Katzbach“ in den Adlerwerken nach jahrzehntelanger Leugnung und Verharmlosung zu einem festen Bestandteil der Erinnerungskultur Frankfurts zu machen. Ein Teilerfolg wurde mit der Forderung nach „Entschädigung“ der damals noch lebenden ehemaligen Häftlinge erzielt, ein weiterer Erfolg ist jetzt mit der Errichtung einer Gedenk- und Bildungsstätte in den ehemaligen Adlerwerken erreicht. Diese wird im Frühjahr 2022 eröffnet und trägt den Namen „Geschichtsort Adlerwerke. Fabrik, Zwangsarbeit, Konzentrationslager.
Durch eine von der Stadt finanzierte Recherchearbeit sind inzwischen alle Namen, Geburtsdaten, Geburtsorte, Berufe und Herkunftsländer der KZ-Häftlinge bekannt. Aus Anlass des 77. Jahrestags des Todesmarsches aus dem KZ sollen nun alle Häftlinge, von denen die übergroße Mehrheit KZ und Todesmarsch nicht überlebt haben, gewürdigt werden. Dazu ist eine große Gedenk-Aktion geplant:„Wir brauchen 1616 Menschen, die sich mit einem selbst gemachten Schild mit einem der Namen entlang des Mainufers aufstellen. Etwa so: Ich bin oder ich stehe für oder ich gedenke Ryszard Olek, er war Häftling im KZ „Katzbach“ …
Dazu sind wir auf Eure/Ihre Hilfe angewiesen. Bitte sprecht/sprechen Sie möglichst viele Menschen an, an dieser Aktion teilzunehmen und schickt/schicken Sie diesen Aufruf weiter. Datum: Samstag, 19. März 2022, 14 – 16 Uhr, am Mainufer Frankfurt, genauer Ort wird noch bekanntgegeben.Der LAGG wird für die Passant*innen ein Flugblatt erstellen und während der Aktion verteilen.
Für die weitere Planung wäre es wichtig, wenn sich die Teilnehmer*innen bis Mitte Dezember unter der Adresse gedenken@lagg-ev.de melden. Sie erhalten dann einen der Häftlings-Namen mit den persönlichen Daten. Natürlich ist auch eine spätere Anmeldung noch möglich, die frühe Anmeldung erlaubt es uns aber besser abzuschätzen, ob diese ehrgeizige Aktion klappen kann.
Es wäre großartig, wenn die Aktion „1616 KZ-Häftlinge“ gelingen könnte. Für Euren/Ihren Beitrag danken wir schon jetzt ganz herzlich. Mit den besten Grüßen Lothar Reininger und Ulla Diekmann, LAGG e.V.
In Kooperation mit dem „Geschichtsort Adlerwerke. Fabrik, Zwangsarbeit, Konzentrationslager“Kurzinformation über das Konzentrationslager zusammengestellt, auf unserer Webseite kz-adlerwerke.de können sich Interessierte genauer informieren. Datenschutz ist uns wichtig, wir werden die Mail-Adressen einzig für den Ablauf der Aktion verwenden und nach deren Beendigung vernichten.“
Rückfragen: Ulla Diekmann, mobil 0176-264 269 19 Im Anhang haben wir eineHier auch noch das Anschreiben des LAGG.
Verschiebung der Mitgliederversammlung
Aufgrund der aktuellen Pandemie-Lage hat der Vorstand schweren Herzens eine erneute Verschiebung der Mitgliederversammlung beschlossen. Die Mitgliederversammlung wird voraussichtlich im Februar 2022 stattfinden, ggf. per Zoom-Konferenz. Über die dazu notwendige Satzungsänderung, deren Text den Mitgliedern bereits zugesandt wurde, wird per schriftlicher Abstimmung entschieden.
Beachten Sie dazu bitte die Hinweise im nächsten Mitteilungsblatt. Wir bedauern sehr, dass diese Maßnahme nötig wurde.
Bleibt/Bleiben Sie alle gesund!